Freitag, 23. Dezember 2011

Roaming the City (1): Graffiti aus Dakar und Banlieue

an der Universität Cheikh Anta Diop
Graffitis sind nicht unbedingt Kunst und gehorcht anderen Gesetzen als denen bourgoiser Kunstbetrachtung im White Cube. Der streunende Blick muss gefesselt werden, ein müder, oft genervter Blick aus vollgestopften Bussen, Mofas und PKWs heraus. Der tägliche Verkehrstau  - Menschen, die rein wollen ins Zentrum oder raus -  ist die Chance für die Künstler der Graffitis, die man im Stop-and-Go oft genug förmlich abfährt wie eine Kamarafahrt. Großflächig, oft grob und plakativ, aber zuweilen auch erstaunlich  differenziert und ausgearbeitet stelle ich hier die erste der geplanten mehrteiligen Serie dieser Kunst vom Volk fürs Volk vor, die einen für die mangelnde Galerienszene in Dakar ausreichend entschädigt.

Fotos von Uwe Kerkow und Ina Zeuch 




auf dem Weg nach Pikine, der größten Banlieue von Dakar

Samstag, 3. September 2011

"Xenophobia" - Art show in "Art on Armitage" in Chicago




The German artist Ina Zeuch shows three larger-than-live-paintings of persons who are hidden behind a primitive ape mask. Imprisoned and not visible in their unique individuality they are frozen in different postures. They react ironical, ignorant or aggressive. Growing xenophobia in the Western world – manifest once more in the terrible Norwegian massacre of July - inspired the artist. She performs with the ape mask herself and photographed all her friends and coincidental acquaintances with it too.


Out of more than 100 photos she selected 3 for the exhibited paintings. Her elaborate mosaic technique allows her to transport the paintings easily and provides great mobility for exhibiting them. From Chicago the works will travel to an art show in Dakar, Senegal in November this year.

M. E. Croteau, Galeristin von Art on Armitage




Mittwoch, 13. Juli 2011

Rassismus und Identität - Hari Kunzrus Roman "Die Wandlungen des Pran Nath"

In den Wandlungen des Pran Nath werden brilliant alle Spielarten des Rassismus in Hari Kunzru's gleichnamigen Roman dekliniert. Pran Nath wächst zunächst als Angloinder in einem reichen, vermutlich brahmanischen Haushalt in Agra auf - ein verwöhntes Söhnchen, dessen ungeklärte Vaterschaft nur seiner Mutter und der Dienerschaft bekannt ist. Sein Ziehvater Pandit Razdan ist ein berühmter Strafverteidiger, pedantisch und reaktionär, mit einem Hang zum Rassismus - nur dass dieser sich diffus gegen die eigenen Leute wendet, gekleidet in eine allgemeine Weltverachtung, die zunehmend mehr in asketischen Ekel umschlägt. Trotz aller Reinlichkeitsrituale und Kontaktverweigerung wird er von der Spanischen Grippe dahingerafft und noch in derselben Nacht wird Pran Nath - das schikanierte, verhasste Bastardgezücht - an die Luft gesetzt.

Dienstag, 5. Juli 2011

A R T  I N  P R I V A T E  S P A C E S  III

                "Der innere Ausländer"                 
VERNISSAGE: Samstag, den 16. Juli um 19.30 Uhr
1040 Wien, Pressgasse 8-10 / 4
Ina Zeuch zeigt Bilder zum Thema Xenophobie. Die Triebfeder für Xenophobie nannte Sigmund Freud den abgespaltenen, jedem innewohnenden eigenen Anteil an Fremdheit sich selbst gegenüber, den er als ‚inneren Ausländer' bezeichnete.
Das ist nur eine Theorie von Xenophobie, die Herstellung von Identität über ein alter Ego ist eine andere. Viele demografische Theorien tragen xenophobe Züge. Ausgrenzung und Verdammung, moralische Überlegenheitsattitüden und Verschleierung der eigenen Ängste waren immer schon gängige Verhaltensweisen auf Verteilungskämpfe, die mit ungleichen Waffen geführt werden.


Freitag, 27. Mai 2011

Ist politische Kunst möglich? (4)

"Amazing Music by Weapons" von zurmatube (2009)

Seltsam berührt und zwischen alle Stühle des Geschmacks geraten fühlt man sich immer wieder, wenn man wie ein Hai durch die Netze schwimmt und hier und da was abfischt, was einen trotz aller Geschmacksfragen nicht kalt lassen will. Als Kunst möchte ich den hier vorgestellten Beitrag nicht diskutieren, aber dennoch aufgreifen, weil man viel mehr mit solchen als mit veredelten Kunstprodukten zu tun hat.

Sonntag, 24. April 2011

Ist politische Kunst möglich? (3)

Ascan Breuer: "Paradise Later" (2010)
Foto: wikimedia "Slumlife" Jakarta, von Jonathan McIntosh (2004)
Ascan Breuer's Film ist eine Art Basismaterial für ein Doku-Feature, wie sie im Fernsehen manchmal zu sehen sind. Ein Flussufer – über und über mit Müll versehrt - wird abgefilmt. Aber nichts wird erläutert, kein 'neutraler' Beobachter, der die Bilder kommentiert und uns erklärt, was wir sehen und welche Fragen hier zu klären sind.
Wer offenen Auges schon einmal in Schwellenländern - hier in Indonesien - gereist ist, ahnt, dass dort die Ärmsten der Armen leben, die später im Film auftauchen: Fischer, die auf vermutlich entsorgten LKW-Schläuchen auf dem Ciliwongfluss paddeln und Müll fischen, diesen durchforsten und wieder verwerten.

Dienstag, 15. März 2011

Spontandemos in Hyderabad

Busfahrt zu den Randbezirken in Hyderabad
Hyderabad ist die Haupstadt des Bundesstaates Andra Pradhesh. Das Hotel Suhail, wo ich hier wohne, ist - wie der Klang des Namens zeigt -  von Muslimen geführt und liegt  in einer engen Gasse namens Troop Bazaar. Trotzdem quält sich hier ein zweispuriger Verkehr nebst Fussgängern durch.

Sonntag, 27. Februar 2011

Warum malt jemand Fernsehen? Gastbeitrag von Uwe Kerkow

Warum macht sich jemand die Mühe, irgend eine mäßig funktionierende Flimmerkiste in einem indischen Hotel auf Leinwand zu verewigen? Ein Gastbeitrag von Uwe Kerkow zu einer Werkreihe von Ina Zeuch.

Ina Zeuch: "Dharma news", Acryl auf Leinwand, 2010


Die Antwort ist eigentlich vergleichsweise einfach, und sie besteht aus zwei Teilen.

Erstens: Die Ästhetik ist cool

Das Flimmern, Rauschen, Knarzen und Flackern von Bild und Ton aus der Kiste hat großen ästhetischen Reiz, und das ist auch schon seit 50 Jahren Thema moderner Kunst. Allerdings gerät diese Tatsache hierzulande angesichts der tischgroßen, flimmerfreien, hochauflösenden Plasmabildschirme mit 5.2 Dolby Surround Sound nach und nach in Vergessenheit.

Donnerstag, 10. Februar 2011

Der Hyperkulturraum: Kritische Töne in der Rezeption zeitgenössicher Kunst

Der Kunstraum Kreuzberg/Bethanien in Berlin zeigt indonesische zusammen mit deutschen und holländischen Künstlern unter dem Titel  "ID – Contemporary Art Indonesia". Bilder davon sind im online-Kunstmagazin Nafas zu sehen. Nafas ist ein gemeinsames Projekt  des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) und Universes in Universe (UiU).

Ein dvarapala Wächter in Singosari, Ost-Java.
"An Antique Idol of the Hindoo Period, Near Malang, Java."
Wikimedia
In ihrem Online-Auftritt lässt die ifa-Galerie diese Ausstellung von Christina Schott (freie Südostasienkorrespondentin) besprechen.Von ihr stammen auch die Zitate im Text.

Mittwoch, 12. Januar 2011

Ist politische Kunst möglich? (2)

Daniel RichterHeiko Schäfer
Bilder aus den Wüsteneien der Desintegration

Daniel Richter malt meist großformatige, farbgewaltige Bilder, die auf mystische Weise Perspektiven der "Erniedrigten und Beleidigten" zeigen. Dabei sind die Boatpeople - Flüchtlinge mit nichts als dem nacktem Überleben und dem Entsetzen der entronnenen Strapazen noch im Blick - ein geradezu unverzichtbares Motiv für viele politisch motivierte Künstler.

Genauso brisant sind aber Richter's zahlreiche Bildmotive über die Außenseiter unserer eigenen Gesellschaft. Es sind die Paralleluniversen direkt vor unserer Tür, denen er differenziert und mit großer Verve Ausdruck verleiht. Und es ist seine Leistung, sie uns so fremd zu zeigen wie Navajoindianer in den Glamour- Einkaufsmeilen westlicher Metropolen.